Was ist TEN?
Im April 2015 hat das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) die Prüfungsordnung zur Höheren Fachprüfung für Naturheilpraktikerinnen und Naturheilpraktiker nach einem 15-jährigen Reglementierungsprozess genehmigt. Der Beruf der Naturheilpraktikerin und des Naturheilpraktikers unterscheidet vier spezifische Fachrichtungen: Ayurveda-Medizin, Homöopathie, Traditionelle Chinesische Medizin TCM und Traditionelle Europäische Naturheilkunde TEN. In diesen vier Fachrichtungen gibt es Ausbildungen, welche mit der Höheren Fachprüfung abgeschlossen werden können.
Die Traditionelle Europäische Naturheilkunde TEN ist ein seit über 2500 Jahren gewachsenes empirisches Heilsystem, welches auf der griechisch-römisch-arabischen Heiltradition basiert. Unter dem Begriff "Traditionelle Europäische Naturheilkunde TEN" lebt und entwickelt sich das Jahrtausende alte Medizinsystem weiter, das erst im 19. Jahrhundert vom Modell der heutigen Schulmedizin weitgehend ersetzt wurde. TEN ist viel mehr als eine Sammlung von diagnostischen und therapeutischen Methoden, sie ist eine eigenständige Heilkunst nach den Gesetzen und mit den Mitteln der Natur. Ziel aller TEN-Interventionen ist es, den Menschen in seiner Adaptations- und Regulationsfähigkeit wiederherzustellen.
Der bekannteste Teil des theoretischen Konzepts baut auf Vorstellungen der griechischen Antike auf. Die "vier Elemente" sind dabei als dynamische Prozessphasen einer Ganzheit gedacht, welche den Menschen genauso wie seine Umwelt umfasst. Daraus entwickelte sich die Humoralpathologie, welche die vier Säfte Sanguis, Cholera, Phlegma und Melanchole (analog zu den vier Elementen Luft, Feuer, Wasser und Erde) als Wirkprinzipien auffasst, welche je nach Mischung und "Reinheit" Gesundheit (Eukrasie) oder Krankheit (Dyskrasie) zur Folge haben.
Zum geschichtlichen Hintergrund: Im 6. bis 8. Jahrhundert, in Zeiten von Kriegen, Pestwellen und Völkerwanderungen, sammelten Araber die antiken griechisch-römischen Schriften und entwickelten dieses Wissen weiter; später im Mittelalter kehrte die griechisch-römisch-arabische Medizin über das besetzte Spanien nach Europa zurück.
Die in unseren Breitengraden eigenständig gewachsene germanisch-keltische Heiltradition ist leider nur spärlich überliefert.
Die TEN ist geprägt von Persönlichkeiten wie Hippokrates (460 v.Chr. - ca. 370 v.Chr.), Galen (ca. 129 - ca. 199 n.Chr.), Avicenna (979-1037), Hildegard von Bingen (1098-1179) und Paracelsus (1493-1541). Paracelsus, der "Vater der Spagyrik", fügte die unzähligen Einzelaspekte der abendländischen Medizin schliesslich zu einem in sich geschlossenen Medizinsystem zusammen. Neuere Teile der TEN stammen von Sebastian Kneipp, Johann Schroth, Wilhelm Heinrich Schüssler und Alfred Pischinger.
Sowohl aus natur- wie auch aus geisteswissenschaftlicher Sicht werden heute Konzepte und Methoden der TEN auf ihre Wirksamkeit und Konsistenz hin untersucht und entsprechend weiter entwickelt.